Die Schulausgangsschrift in der Schule – Ein Plädoyer für flüssiges Schreiben

 

Mit der Hand zu schreiben ist weit mehr als nur das Festhalten von Buchstaben auf Papier. Es ist eine hochkomplexe Fähigkeit, die kognitive Prozesse, feinmotorische Fertigkeiten und sogar die gesamte Körperkoordination beansprucht. Schreibenlernen ist das erste echte „Handwerk“, das Kinder in der Grundschule meistern müssen – und wie jedes Handwerk braucht es Zeit, Übung und eine gute Anleitung.

Doch genau hier liegt das Problem: In der modernen Schulpraxis wird dem systematischen Erlernen einer gebundenen Schreibschrift oft zu wenig Bedeutung beigemessen. Die Folge? Viele Kinder entwickeln eine unleserliche, stockende Handschrift oder bleiben beim langsamen und mühsamen Druckschrift-Schreiben hängen. Dabei gibt es ein bewährtes Konzept, das diesen Herausforderungen entgegenwirkt: die Schulausgangsschrift (SAS).

Warum die Schulausgangsschrift der Schlüssel zu einer flüssigen Handschrift ist

Seit über 50 Jahren ermöglicht das Konzept der Schulausgangsschrift einen direkten Einstieg in eine formklare, flüssige und verbundene Handschrift – ohne den Umweg über das Nachmalen einer Druckschrift. Kinder beginnen direkt mit einer Schreibschrift, was das aufwendige Umlernen erspart und eine enge Koordination mit dem Lesenlernen ermöglicht.

Diese Methode hat viele Vorteile:

Flüssiges Schreiben von Anfang an: Kinder müssen sich nicht mühsam Buchstaben zusammensetzen, sondern lernen, sie direkt fließend zu verbinden.
Erleichterter Leseerwerb: Da die SAS von Anfang an eine fortlaufende Schrift ist, gibt es keine Umstellung zwischen Druck- und Schreibschrift.
Positive Auswirkungen auf die Rechtschreibung: Wer flüssig schreibt, kann sich besser auf die Wortstruktur konzentrieren und prägt sich korrekte Schreibweisen schneller ein.
Bessere Ausdrucksfähigkeit: Kinder mit einer sicheren Handschrift formulieren oft auch sprachlich klarer.
Mehr Selbstbewusstsein: Eine leserliche, persönliche Handschrift stärkt das Vertrauen in die eigene Lernfähigkeit.

Der Lehrer als Handwerksmeister – ein entscheidender Faktor

Ein Kind lernt nicht nur durch Anweisungen, sondern vor allem durch Vorbilder. Lehrerinnen und Lehrer sollten daher nicht nur die Theorie des Schreibenlernens vermitteln, sondern die Schulausgangsschrift selbst sicher beherrschen. Leider wird dies in der Lehrerausbildung oft vernachlässigt. Eine didaktisch gut durchdachte Vermittlung des Schreibenlernens ist jedoch essenziell, um Schüler gezielt zu unterstützen und Schreibprobleme zu vermeiden.

Schulausgangsschrift als verbindliche Erstschrift – eine Vision für die Zukunft

In Zeiten der Digitalisierung wird oft argumentiert, dass Handschrift an Bedeutung verliert. Doch zahlreiche Studien belegen: Das Schreiben mit der Hand fördert die kognitive Entwicklung, das Gedächtnis und das Sprachvermögen auf eine Weise, die das Tippen auf einer Tastatur nicht ersetzen kann.

Als Sonderpädagogin und Integrative Lerntherapeutin sehe ich täglich, wie eng Handschrift, Rechtschreibung und Lesekompetenz miteinander verknüpft sind. Kinder, die von Anfang an eine flüssige, gut lesbare Handschrift entwickeln, haben nicht nur schulisch, sondern auch in ihrer gesamten sprachlichen Entwicklung erhebliche Vorteile.

Meine Vision ist es daher, die Schulausgangsschrift wieder verbindlich als Erstschrift in allen Schulen einzuführen – zum Wohl der Kinder und ihrer zukünftigen Bildungschancen.

Es ist Zeit, die Handschrift als kulturelles und bildungsrelevantes Gut wieder stärker in den Fokus zu rücken. Denn wer sicher und flüssig schreibt, denkt klarer, liest besser und drückt sich präziser aus. Und genau das ist die Basis für erfolgreiches Lernen.

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